In dieser Patienten-Leitlinie finden Sie wissenschaftlich gesicherte Informationen darüber, was Nierenerkrankungen bei Diabetes sind, wie sie erkannt und behandelt werden.
Die drei sehr häufigen Zivilisationserkrankungen Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz und chronisch metabolische Azidose sind eng miteinander assoziiert. Insbesondere unbehandelte oder schlecht eingestellte Diabetiker haben ein hohes Risiko für Nierenerkrankungen, mit einer chronischen metabolischen Azidose als Konsequenz. Umgekehrt haben aber auch niereninsuffiziente Patienten mit einer chronischen Übersäuerung ein hohes Risiko für eine Insulinresistenz, eine chronische hyperglykämische Stoffwechsellage und die Entwicklung eines therapiebedürftigen Diabetes mellitus. Dies wiederum führt zu einer weiteren Schädigung der Niere und zu einem Teufelskreis, der letztendlich in einer terminalen Niereninsuffizienz, Arteriosklerose, Herz-Kreislauf-Problemen u.v.m. enden kann.
Mandel et al. [1] konnten im Verlauf von 10 Jahren zeigen, dass in einer Studienpopulation von 630 Frauen, die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung noch keinen Diabetes mellitus entwickelt hatten, jene Frauen mit Bicarbonat-Konzentrationen unterhalb des Median von 22,4 mmol/l ein signifikant höheres Risiko für die Entwicklung eines Diabetes hatten.
Bei Diabetes Insulinresistenz reduzieren
An der Studie von Belasi et al. [2] nahmen 145 nicht-insulinpflichtige Diabetiker mit chronischer Niereninsuffizienz und metabolischer Azidose (Serumbicarbonat < 24 mmol/l) teil. Die Interventionsgruppe wurde im Gegensatz zur Kontrollgruppe mit oralem Natrium-Bicarbonat auf einen Serumspiegel von 24 bis 28 mmol/l eingestellt. Um den Glukose-Stoffwechsel zu untersuchen, wurden Serum-Glukose, HbA1c und Serum-Insulin bestimmt. Zur Beurteilung der Insulinresistenz wurde der HOMA-IR-Index berechnet.
mit p.o. Bikarbonatgabe
Kontrollgruppe
modifiziert nach: Bellasi A, et al. BMC Nephrol. 2016 Oct 22;17(1):158.
Am Studienende zeigten sich gruppenspezifische Unterschiede im Diabetes-Management und bei den HOMA-IR-Werten: In der Bicarbonat-Gruppe war der Bedarf an antidiabetischer Medikation nach einem Jahr deutlich geringer als in der Kontrollgruppe. Die HOMA-Werte verbesserten sich in der Interventionsgruppe signifikant (p=0,004) im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass eine Behandlung der metabolischen Azidose mit oralem Bicarbonat offenbar gleichzeitig auch die Insulin-Sensitivität erhöht.
Literatur
Mandel EI, et al. Plasma bicarbonate and risk of type 2 diabetes mellitus. CMAJ. 2012 Sep 18; 184(13):E719-25.
zur Originalstudie
Bellasi A, et al. Correction of metabolic acidosis improves insulin resistance in chronic kidney disease. BMC Nephrol. 2016 Oct 22;17(1):158.
zur Originalstudie
Bei der Muskelarbeit entsteht Milchsäure (Laktat). Im Blut führt das zur Laktatübersäuerung (Laktatazidose). Diesen Milchsäureüberschuss baut der Körper nach der Muskelarbeit unter zusätzlichem Sauerstoffbedarf ab und verbraucht zur Pufferung Bikarbonat. Ist nun durch eine vorher bestehende Übersäuerung bereits zu wenig Bikarbonat im Organismus vorhanden, toleriert dieser nur einen geringen Milchsäureüberschuss.
Zahlreiche chronische Zivilisationserkrankungen und Symptome werden mit einer chronischen Übersäuerung in Verbindung gebracht. Das sind u.a. Krebserkrankungen, Kleinwüchsigkeit und Appetitlosigkeit, Osteoporose, aber auch Kurzatmigkeit und Blutarmut.